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Wenn statt Gott die Kirche das Sagen hat


Religion Der neue Chef der Schweizergarde im Vatikan liebt den Papst und die katholische Kirche – Gott selbst ist nicht der Rede wert. So jedenfalls die versteckte Kernaussage eines Interviews mit dem News-Portal Watson.ch

In einem epischen Interview mit dem Portal Watson.ch lobte Christoph Graf (53), neuer Chef der Schweizergarde, seinen Arbeitgeber in höchsten Tönen und lässt noch ein paar Speerspitzen auf Schwule und Lesben los. Bezeichnenderweise erwähnt er aber die für ihn theoretisch geltende «Höchste Instanz» mit keinem Wort – und offenbart stattdessen eine seltsam anmutende Wahrheit.

Der Titel ist reisserisch: «Wenn schwule Katholiken ihre Sexualität ausleben, geht das nicht», so der Titel eines Interviews mit dem neuen Schweizergarde-Chef Christoph Graf auf dem Portal Watson.ch, das gestern veröffentlicht wurde.

Die Fragen, die sich um Homosexuelle drehen, kommen dann nach einer gefühlten Ewigkeit ganz zum Schluss. Dabei versuchten die Journalisten gewiss, den gottesfürchtigen Mann aus der Reserve zu locken. Erfolglos. Immerhin: Papst Franziskus sei sehr väterlich und spreche normal mit den Angestellten.

Ansonsten präsentiert sich Christoph Graf als Traum eines jeden Arbeitgebers mit einer bedingungslosen Loyalität zu Papst und Kirche. Das ist lobenswert, nur leider ergibt das keinen Sinn: Christoph Graf erwähnte Gott mit keinem Wort. Das Wort «Gott» existiert im Interview nicht. Der mit Sicherheit abgesegnete Text entblösst, was viele bereits denken: Die Kirche ist eine Firma, Gott selbst gerät zum Spielball der Gesetze.

Christoph Graf selbst dient seit 28 Jahren der Schweizergarde im Vatikan. Der gebürtige Pfaffnauer steht seit Februar im Rang eines Obersten als 35. Kommandant. Nun sieht er den Papst jeden Mittwoch - ein fixer Termin. Dies und andere Dinge werden im Interview genannt. Beispielsweise, wie er sich noch gut erinnern könne, die Grünpflanzen im Innenhof entfernt zu haben.

Auf die Frage, ob er einmal damit rechne, auch Frauen in der Schweizergarde anzutreffen, antwortete er, dass er diesen Tag bestimmt nicht mehr erleben werde – man habe dafür eine Sekretärin. Und er legt noch einen drauf: «Wo würde das hinführen, wenn sie jeder Modeströmung hinterherlaufen würde? Am Ende hätten wir plötzlich Bischöfinnen oder sogar eine Päpstin» - tatsächlich die Worte von Christoph Graf, so Watson.ch.

Überhaupt betont er die Regeln der römisch-katholischen Kirche immer und immer wieder, auch am Schluss, wenn der Fall Bürglen ins Spiel kommt. Die Kirche dürfe sich nicht anpassen und weiter: «Glauben die Einwohner von Bürglen wirklich noch? Gehen all diese Leute zur heiligen Messe, die nun die Kirche kritisieren?»

In der Tat, die Leute von Bürglen kritisieren die Kirche, nicht Gott, aber dieser hat wohl zumindest in diesem Interview nichts zu sagen. Und wenn Christoph Graf ganz zum Schluss erwähnt, dass die Homo-Ehe nicht zur römisch-katholischen Kirche passt, ist der Schleier gefallen. Dass Homosexuelle in der Kirche willkommen sind, wenn sie ihre Natur nicht ausleben, klingt dann fast schon höhnisch – und dies aus dem Vatikan, wohlgemerkt.


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