Die Meisterin der Provokation kommt mit ihrer «Rebel Heart» Tour nach Zürich - ihr rebellisches Herz schlägt noch immer tief und laut. Jüngst setzte sie an einem Konzert gar ein Zeichen gegen den IS-Terror. Mit Wehmut blicken wir deshalb chronologisch auf ihre zehn grössten – und in Anbetracht ihres jüngsten Mutes – harmlosen Skandale zurück – mit Ausnahme der Nr. 10.
1. Like a Virgin, 1984
Madonnas Durchbruch: Die freche Göre, die vor mehr als 30 Jahren plötzlich mit BH, Kreuzen und einem «Boy Toy»-Gürtel bekleidet in der Musikwelt auftauchte, hatte tatsächlich den Mut, bei den ersten MTV-Awards im weissen Hochzeitskleid aus einer Torte zu springen und sich lasziv am Boden zu wälzen – obwohl sie offensichtlich keine Jungfrau mehr war. Ihr Manager sprach vom jähen Ende – es war erst der Anfang. Viele Jahre später erklärte Madonna, sie hätte ganz einfach ihren Pumps unter der Schleppe verloren.
2. Papa don’t preach, 1986
Die «schwangere» Madonna: Im Song «Papa don’t preach» sowie im dazugehörigen Video spielte Madonna einen schwangeren Teenager, der sein Kind behalten wollte (Anm. der Red: Madonna war damals schon fast 30). Ein Aufschrei ging durch die Medien: Es hiess, Madonna würde Mädchen dazu animieren, ein Baby zu kriegen.
3. Open your Heart, 1987
Madonnas «Rache»: Im sogenannten «Peep-Show»-Video gab Madonna eine Tänzerin vor einer Meute von Journalisten, die alles für einen Schnappschuss tun. Ein klarer Verweis auf die unerträglichen Paparazzi. Ein kleiner Junge vor dem Gebäude hingegen symbolisierte die waren Fans. Diese Message ging unter, denn es wurde von Verführung Minderjähriger gesprochen. Und auch die Feministinnen meldeten sich zu Wort: Madonna würde die Frauenbewegung um Jahre zurückwerfen.
4. Like a Prayer, 1989
Die «göttliche» Madonna: Der Jahrhundert-Hit provozierte mit seinem Video vermeintlich so sehr, dass auch hier die eigentliche Botschaft flöten ging. Was als Angrifft auf Rassismus und den Ku-Klux-Klan gedacht war (schwarzer Jesus, brennende Kreuze) wurde als Gotteslästerung empfunden. Selbst der Vatikan sprach von einer Exkommunion und Pepsi kündigte den gerade erst abgeschlossenen Werbevertrag mit Madonna.
5. Blond Ambition, 1990
Die masturbierende Madonna: Die Blond-Ambition-Tour gilt bis anhin als beste Tournee von Madonna. Nicht nur, dass Jean-Paul Gaultier ihr die ikonischen Kegel-BH’s verpasste, Madonna simulierte auch pure Selbstbefriedigung zu «Like a Virgin» im Red-Light-Ambiente (um in der Dramaturgie der Show kurz darauf vor Gott zu stehen). In Kanada reagierte die Polizei mit der Drohung einer Festnahme.
6. Justify my Love, 1990
Die sexuelle Madonna: Die Ära der sexuellen Madonna begann mit der Single zu ihrer ersten Best-of-Scheibe «The Immaculate Collection». In der Folge tat Madonna alles, um das «Unbefleckte» zu ruinieren. Das Video zu «Justify my Love» wurde wegen expliziter sexuellen Darstellungen im Pariser Hotel Ritz von MTV verbannt. Madonna veröffentlichte es daraufhin als VHS-Kassette (!) – es verkaufte sich millionenfach.
7. SEX, 1992
Die nackte Madonna: Selbst ihre Fans wurden nun skeptisch: Mit der Scheibe «Erotica», dem Film «Body of Evidence» und dem ziemlich pornografischen Bildband «Sex», drehte sich alles nur noch um den Austausch von Körperflüssigkeiten in allen Variationen. Dazu noch Madonnas verstrahlter Auftritt bei David Letterman, bei dem sie sich geradezu unterirdisch präsentierte - ein Overkill. Gleich mehrere Skandale, die sich Madonna ruhig hätte schenken können.
8. American Life, 2003
Die politische Madonna: Nach dem «Sex»-Desaster gab Madonna die (mehr oder weniger) brave Künstlerin, Ehefrau, spielte Evita Peron, widmete sich mit grossem Erfolg sphärischen Klängen und wurde zweifache Mutter. Doch mit George W. Bush’s Irak-Offensive war Schluss mit lustig – das Video zur Single «American Live» kritisierte die US-Regierung so stark, dass Madonna höchstpersönlich das Video nach wenigen Stunden aus dem Umlauf nahm – zum Wohle und Schutz ihre Familie. Zu spät: «American Life» markierte den Beginn einer Durststrecke des Erfolgs in den Staaten und Madonna hatte ihren ersten politischen Skandal.
9. MDNA, 2012
Staatsfeindin Madonna: Seit «American Life» ist Madonna so was wie die politische Stimme des Mainstream-Pop – in perfekter Kombination mit Sex und Religion. Ob am Glitzerkreuz hängend oder oben ohne in Istanbul; Skandälchen gab es nun wieder laufend. Für echte Empörung sorgte Madonna mit einer Videoprojektion in ihrer MDNA-Tour, welche der Chefin der französischen Front National, Marine le Pen, für Bruchteile einer Sekunde eine Hakenkreuz auf die Stirn und ein Hitler-Schnäuzchen verpasste. In der Folge gab Madonna beim zweiten Konzert in Frankreich dem Druck nach und verzichtete auf die Provokation.
10. Rebel Heart
Die «alte» Madonna: Tatsächlich schuf Madonna mit ihren mehr als 30 Jahren im Showbusiness sowie 57 Lebensjahren ihren grössten «Skandal»: Sie altert. Nichts scheint für manche Menschen genussvoller zu sein, als über Madonnas Alter herzuziehen. Wenn sie dann noch von der Bühne stürzt (so geschehen im Februar bei den Brit-Awards), ist die Schadenfreude gross. Der «älteren Frau in Leggins», wie «20 Minuten» noch vor drei Jahren schrieb, ist das aber schnurzpiep egal. Noch immer füllt sie mit der «Rebel Heart»-Tour die Hallen. Aber wahre Fans wissen: Madonna hat weit mehr zu bieten, als nur eine Reihe von Skandalen – oder Leggins.
Madonna - The Rebel Heart Tour
12. Dezember, Hallenstadion Zürich