Ein Pollesch ist ein Pollesch ist ein Pollesch

Frage: Kann man ein Bühnenbild als Readymade bezeichnen, wenn doch der Zweck desselben in einem Theater aufs Schönste erfüllt ist? Es muss nichts zu Kunst erhoben werden was per se Kunst zu sein beansprucht. Und trotzdem - Bert Neumanns Bühnenentwurf nach einer Vorlage der Brechtschen Antigone-Uraufführung von 1948 wirkt im Zürcher Pfauen genauso deplatziert wie annodazumal das Rad in der Kunstgalerie. Dass ausgerechnet das Reenactment eines fremden Bühnenentwurfs nun das letzte Vermächtnis des im letzten Jahr verstorbenen Bühnenbildners Bert Neumann darstellt, entfaltet seine ganz eigene Poetik und man ist versucht, dem eine tragische Dimension anzudichten– doch eine Tragödie wird hier nicht gegeben.
Und so steht also dieser Schauplatz für Antigone in einem Pollesch-Stück herum. Da hat Sophie Rois wenig Platz für Originaltext auch wenn sie sich in schönstem Brechtschen Zeigegestus um eine Annäherung an ihre Rolle bemüht – dabei nur den Abstand zur Rolle nicht vergessen, wir machen ja episches Theater.
Überhaupt dieses Erzählen – würde in diesem Stück jemand die Kommentarfunktion abstellen, es gäbe nicht mehr viel zu sagen. War schon Brechts Antigone-Bearbeitung mit Kommentaren durchzogen, legen Polleschs Spieler, die das Ganze aus unserer diskurszerfressenen Gegenwart zu analysieren versuchen, noch eine ganze Schippe obendrauf. Man könnte auch gleich alle komischen Szenen streichen, denn dann, sinniert Rois, wären die Gagen höher, aber ein Pollesch ist eben ein Pollesch ist ein Pollesch – und spätestens nach dem dritten Satz ist sie wieder da, die herrliche Überforderung der Bühnenmenschen mit der Sprache, dem Text, dem Leben und der Kommunikation.
Dabei hätte doch alles so schön sein können- man muss sich nur ans Modellbuch von 1948 halten. Doch schon der Chor macht da nicht mit, weil er nicht auf die eine Rolle einer alten Frau festgelegt werden möchte – er würde viel lieber einen Nazi spielen. Und schliesslich macht jeder das, was er am besten kann – Sophie Rois alias Antigone alias ‚die Weigel’ feldwebelt um ihre Kollegen herum während Jirka Zett in verklärtem Tone von der romantischen Beziehung des Publikums zum Theater schwärmt. Und der Chor - endlich - brilliert als Tuntenparade in Glitzerhosen zu NS-Jackets, um den Hitlergruss charmant und popowedelnd im Chippendale-Stil wegzutanzen – für die Showeinlage gibt es Szenenapplaus. Ob er nun für immer auf die Rolle der tanzenden Tunte festgelegt ist?
Zahlen würde das Publikum dafür auf jeden Fall.
Spielplan Schauspielhaus Zürich