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Polizisten schnüffeln auf schwulen Dating-Websites herum

Autorenbild: Michael RüeggMichael Rüegg

Die Zürcher Stadtpolizei jagt auf Gay-Dating-Websites mit gefälschten Profilen Männer, die sie der Prostitution bezichtigt. Möglich macht das ein Gesetz, das eigentlich vor «Kinderschändern» schützen sollte.

Kulat* hat sich seine Ferien in der Schweiz anders vorgestellt. Der Verkäufer aus Thailand, Anfang dreissig, ist bei einem Schweizer zu Besuch, den er seit vielen Jahren kennt. Mehrere Wochen will Kulat bleiben, doch angesichts des hiesigen Preisniveaus geht ihm langsam das mitgebrachte Geld aus. Er könnte sich einen Batzen dazuverdienen, denkt er, und eröffnet ein Escort-Profil auf Planetromeo. Dort bietet er Thai-Massagen an.

Polizist G. fuhr früher Streife und arbeitet heute bei der Abteilung Milieu- und Sexualdelikte der Stadtpolizei Zürich. Bei der «Sitte» landete er, nachdem ein Teil der Mitarbeiter wegen einer Sex- und Korruptionsaffäre ihre Stühle räumen mussten. Regelmässig loggt G. sich mit gefakten Profilen bei Planetromeo ein und schaut sich bei den Escorts um. Der Sittenfahnder schickt Kulat eine Nachricht, gibt sich als «Sascha» aus, schreibt, er wohne in Bern und werde eine Nacht in Zürich sein. Ob Kulat die Nacht bei ihm im Hotel Ibis verbringen könne und was das koste, will er wissen. Kulat schreibt in sehr einfachem und fehlerhaften Englisch zurück, er, also der Undercover-Beamte, solle einen Preis nennen. G. bietet 100 Franken an. Kulat möchte 300 für die Nacht. Der Polizist zeigt sich einverstanden.

Am nächsten Abend, Kulat ist mit der Bahn vom Dorf seines Gastgebers nach Zürich gefahren, wird der Tourist an einer Tramhaltestelle unweit des Treffpunktes von der Polizei verhaftet und in eine Zelle des Zürcher Polizeigefängnisses gesteckt. Am Tag darauf vernimmt ihn Polizist G. Kulats restliches Feriengeld, 800 Franken, werden ihm abgenommen. Später behält der Staat das Geld, als Beitrag an die wegen der Verhaftung entstandenen Kosten. Der Polizist sagt Kulat, er könne einen Anwalt nehmen, müsse ihn aber selber bezahlen. Kulat sieht davon ab, schliesslich wurde ihm sein gerade sein ganzes Geld abgenommen. Die Einvernahme geht weiter, ohne dass Kulat einen Rechtsbeistand an seiner Seite hat. Er gibt zu, gewusst zu haben, dass er eigentlich nicht arbeiten dürfe. Nach der Einvernahme wird er zurück in eine Zelle gebracht und ein paar Tage später mit dem Flugzeug nach Thailand ausgeschafft.

Dass der Fall publik wurde, ist Kulats Schweizer Bekanntem Stefan* zu verdanken. Er bestand darauf, den von der Staatsanwaltschaft ausgestellten Strafbefehl vor Gericht anzufechten und das danach erfolgte erstinstanzliche Urteil weiterzuziehen...


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