Rund 11.000 Kilometer liegen zwischen unserem beschaulichen Staat und dem Kleinstaat Brunei auf der Insel Borneo, der von Sultan Hassanal Bolkiah regiert wird. Aber in beiden Staaten kann man gegenwärtig eine eklatante Verschärfung der Homophobie wahrnehmen. Was ist da los?
Von Birgit Kawohl
Eigentlich ein traumhafter Moment im Schweizer Fernsehen. Einer der beliebtesten Moderatoren der Schweiz, Sven Epiney, dessen Outing nun wirklich schon vor geraumer Zeit stattfand, rührte seinen Partner (und sich selbst) zu Tränen, als er diesem vor laufender Kamera zum Abschluss des Finals der SRF-Tanzshow «Darf ich bitten?» einen Heiratsantrag machte. Wenn man live am Fernsehschirm war oder aber das online abrufbare Video angeklickt hat, sah (und hörte) man ein Publikum, das den Antrag mit lautem und lang anhaltendem Beifall gustierte. Man hatte das Gefühl, hier wurde ehrlicher Jubel gezeigt, keine einstudierten Klatscher, sondern jeder Studiogast* freute sich mit den beiden. So weit, so gut. Dort konnte noch keiner ahnen, was sich anschliessend in den Kommentarspalten der Medien abspielen würde. Laut Sonntagsblick vom 7. April quollen die Postfächer diverser Redaktionen nur so über. Wie schön, könnte man denken, viele Glückwünsche können ja nicht schaden. Von Glückwünschen konnte leider aber nur selten die Rede sein. In den meisten Fällen handelte es sich um übelste Hass-Kommentare, die – egal ob über oder unter der Gürtellinie – Sven Epiney als Individuum, aber auch alle Schwulen als Gruppe beschimpften, diffamierten und verurteilten.
Hollywood gegen Sultan: George Clooney legt sich mit Hassanal Bolkiah an

Ortswechsel: Vor Kurzem erst hatte der amtierende Sultan von Borneo, immerhin seit mehr als einem halben Jahrhundert dort Staatsoberhaupt, eine Strafrechtsverschärfung gegenüber Homosexuellen verhängt. Dort gilt nämlich neuerdings ein an die Scharia angelehntes Strafrecht, das unter anderem die Todesstrafe durch Steinigung für gleichgeschlechtlichen Sex vorsieht. Dies wäre sicherlich schnell im täglichen News-Hagel untergegangen – wo liegt Brunei überhaupt und zumal einige Medien sofort relativierten: In Brunei gälten viele strenge Gesetze, die aber so nie zur Anwendung kämen – hätte sich nicht Hollywood-Beau George Clooney zu Wort gemeldet. Und wie er das tat: Er rief nämlich zu einem weltweiten Boykott aller Luxushotels auf, die irgendwie mit dem Herrscherhaus in Verbindung stehen. Dazu gehören neun Destinationen rund um den Globus. Sein Aufruf zeigte schnell Wirkung, denn ca. eine Woche später haben bereits einige Grossunternehmen und Airlines angekündigt, dem Boykott zu folgen und mit diesen Hotels nicht mehr zusammenzuarbeiten oder auch nur Werbung für diese zu erlauben. Ob ein Boykottaufruf der richtige Weg ist, mag jeder für sich entscheiden, aber eines ist sicher: George Clooney hat damit Haltung gezeigt und zwar eine Haltung, die von Offenheit und Toleranz zeugt, die Diversität akzeptiert und sich für deren Durchsetzung einsetzt.

Haltung ist sicherlich das Wichtigste, was jede*r Einzelne von uns zeigen kann. Roman Heggli von Pink Cross stellt fest, dass es in der Schweiz zunehmend zu Straftaten gegenüber Homosexuellen komme, er nennt eine Zahl von durchschnittlich zwei Hass-Crimes pro Woche. Das ist eine ziemlich hohe Zahl umgerechnet auf die Zahl der (erkennbaren Mitglieder der LGBT*-Community). Inzwischen gibt es auch die Forderung, Hass-Crimes zu registrieren – so, wie das bei anderen Straftaten Standard ist –, um überhaupt einmal die genauen Ausmasse greifen zu können. Doch dagegen gibt es immer wieder Einwände und sei es der sich schnell anbietende Verweis auf die Meinungsfreiheit, die man ja nicht einschränken dürfe... Eben auch, wenn Schwule als Schweine oder Perverse bezeichnet werden. Was ist da mit der Wahrung der Menschenwürde, mag man sich fragen, gilt die denn gar nichts mehr?
Haltung zeigen kann jeder!
Mit dem Haltungzeigen tun sich die Schweizer überhaupt mächtig schwer, scheint’s. Am Ende des Online-Artikels im Sonntagsblick konnte man über die Frage abstimmen, ob die Justiz gegen Homophobie vorgehen solle. Beim letzten Klick auf diese Abstimmung hatten bereits 24.732 Personen ihre Stimme abgegeben. Das Ergebnis: ernüchternd. Nur 52 % stimmten mit «Ja», 42 % dagegen mit «Nein» und 6 % wussten nicht so recht. Warum diese Haltungslosesten unter den Haltungslosen überhaupt abgestimmt haben, ist auch schwierig zu verstehen...
Das heisst aber auch, es könnte eng werden bei der Abstimmung am 24. November über die Erweiterung des Diskriminierungsschutzes. Bisher waren darin der Schutz vor Diskriminierung auf Grund von Rasse, Ethnie und Religion verankert und eine Erweiterung um den Aspekt der sexuellen Orientierung geplant. Gerade haben EDU und JSVP ein Referendum eingereicht, dass diese Erweiterung verhindern will. LOS und Pink Cross haben sofort beschlossen, eine gemeinsame Kampagne gegen dieses Referendum zu lancieren.
Daher: Zeigt Haltung! Wehrt Euch! Achtet auf euch und auf einander!
Weitere Informationen dazu gibt es unter www.diskriminierungsschutz-ja.ch.