Wenn Michi Rüegg Bananen kauft, wendet er differenziertere optische Kriterien an als im Falle anderen Obstes und Gemüses.
Gewisse Menschen leisten sich einen Personal Trainer. Das ist so etwas wie ein Masseur, bloss behält man dabei die Kleider an. Und der Personal Trainer macht auch selbst nicht viel, im Gegensatz zum Masseur, der knetet. Er ist eine Art Masseur, der dabei zuschaut, wie sich der Kunde selbst massiert. Kosten tun Masseur und Personal Trainer hingegen etwa gleich viel, obwohl die Arbeit des Masseurs anstrengender ist.
Ich selber habe keinen Personal Trainer, ich trainiere ganz für mich allein und mit Blick auf die Machotypen mit ihren Langhanteln. Aber man kann in Zürich nicht schwul sein, ohne ab und zu einen Personal Trainer kennen zu lernen. Es ist ein beliebter Beruf für Menschen, die keinen Beruf haben. Ein solcher Trainer sagte mir mal, ich solle vor und nach dem Training eine Banane essen. Vor dem Training schaffe ich das nicht, die stösst schon beim Aufwärmen auf. Aber ich habe mir angewöhnt, nach dem Workout eine zu essen.
Hierfür gehe ich jeweils vorher in den Supermarkt unterhalb meines Gyms.
Mit der Zeit habe ich bemerkt, dass ich bei den Bananen sehr aufs Äussere achte. Die Dinger sind ja mittlerweile ziemlich standardisiert und stammen alle von der einen, milliardenfach geklonten Ur-Banane ab. Trotzdem zeigen sie Unterschiede in Form, Dicke, Beschaffenheit.
Während ich bei Salat, Äpfeln, Tomaten auf ganz unterschiedliche Kriterien achte, geht’s mir bei der Banane eigentlich immer nur um eines: Sie muss möglichst gross sein, nicht zu stark gebogen, gut in der Hand liegen, keine Alterserscheinungen aufweisen, aber nicht grün und damit beinhart sein, sondern ein klein wenig nachgeben beim Draufdrücken.
Mit anderen Worten: Ich kaufe eigentlich keine Bananen. Ich kaufe Penisse. Könnte mich ja auch fragen, ob ich wohl grossen Hunger habe und eine grosse Banane will. Oder eher eine kleine, weil, gibt ja nachher bald Znacht. Aber das geschieht nicht. Ich suche jeweils eine grosse, perfekte Banane, die möglichst so ausschaut wie der Traumpimmel, mit dem ich meinen Spass möchte.
Ich bin ein optischer Mensch. Ich mag es, wie Dinge aussehen, seien das Bäume, Lampen, kleine Hunde oder Typen. Ich bin süchtig nach dem Aussehen von allem auf der Welt. Sobald ein Objekt irgendwie an etwas Sexuelles erinnert, wende ich aber ganz andere Massstäbe an. Dann klickt ein Schalter im Hirn. Klar, ich mag wolkenlose blaue Himmel. Aber noch lieber ist mir ein Himmel, an dem eine einzige Wolke hängt, die wie ein Penis aussieht. Ein Pimmelhimmel.
Vor ein paar Monaten besuchte ich einen Markt in Lausanne. Dort war ein Stand mit exotischen Früchten und Gemüsen. Wir kauften ein paar rote Bananen, die recht saftig aussahen und schweineteuer waren. Sie waren klein, weich und hatten eine ganz dünne Schale.
Die roten Bananen schmeckten köstlich. Irgendwie nach Banane im Quadrat: Ach, das ist also der Geschmack einer Banane, wie sie eigentlich sein könnte. Sehr süss, intensiv, vielschichtig, cremig.
Diese Bananen waren ein Erweckungserlebnis.
Ich habe also gelernt, klar zu unterscheiden. Möchte ich eine köstliche Banane, fahre ich nach Lausanne auf den Markt. Und nach dem Training gönne ich mir in der Regel einen Max-Havelaar-Penis.