Viele Member der LGBT*-Community sind quasi mit den Comics von Ralf König aufgewachsen. Zeit für uns, mit dem Künstler zu sprechen.
Von Birgit Kawohl
Die Figuren von Ralf König haben ja einen ungeheuren Wiedererkennungseffekt. Dies liegt sicherlich nicht nur, aber zu einem entscheidenden Teil an den markanten Nasen, die jedem Betrachter sofort ins Auge stechen. Dass das Oeuvre aber so erfolgreich ist, ist nicht allein eben diesen Nasen geschuldet, sondern auch Königs Texten, die jeweils haargenau den Zeitgeist treffen und damit auch ein wenig die LGBT*-Geschichte in Deutschland erzählen. (Wobei dies zu nahezu 100% auch für die Schweiz und andere mitteleuropäische Staaten gilt, so sehr unterscheidet sich diese ja nicht.)
Hiermit hat König in seinen Anfängen einen ganz neuen Weg beschritten, waren doch Comics in den 70er- und 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts vor allem Kinderlektüre – das Genre der Graphic Novel gab es noch gar nicht - und damit ihre Helden nahezu asexuell. Okay, Obelix war in Kleopatras Nase verliebt, aber das war es dann auch schon, nie fielen die Gallier nach einem Sieg über die Römer*innen her und auch Dagobert Duck hatte nie Bunnys in seiner Mansion zu Gast. Um das zu ändern, musste ein Künstler aus der deutschen Provinz kommen, der sich über das Zeichnen von Sicherheitstipps im Bergbau mit seinen Figuren Bodo und Heinz langsam an sein eigenes Genre herantastete. Interessanterweise hatten auch Bodo und Heinz mal eine kleine Eskapade, dies ging natürlich gar nicht, aber es macht deutlich, dass in König schon früh einiges schlummerte.
Was macht nun ein junger Mann, dessen Held der Kindheit «Little Joe» aus «Bonanza» war und der im Sommer 1979 plötzlich auf dem «Homolulu»-Festival in Frankfurt seine Befreiung als schwuler Mann erlebt? Er zeichnet schwule Comics. Da dies etwas ganz Neues war, war die Szene wie elektrisiert, auch wenn man die Hefte eher verschämt bestellte und versteckt las, so weit ging die Toleranz dann doch nicht.
Inzwischen hat sich viel getan, queere Menschen haben dank ihres Kampfes mehr Rechte bekommen, gleichzeitig hat AIDS die Community schwer erschüttert, was sich auch in Königs Comics schön ablesen lässt. Sind die befruchtungsbereiten Spermien zuerst noch enttäuscht, weil sie in einem Arsch landen, treffen sie ein paar Jahre später auf eine Kondom-Gummiwand.
Mit der Verfilmung von «Der bewegte Mann» war der Durchbruch endgültig auf breiter Fläche vollzogen. Mit Roy & Al betrat König 2004 ein neues Gebiet, er erschuf einen Hundecomic. Obwohl: In diesen zwei Kötern steckt so viel Menschliches, dass man sich manchmal schon fragt, wer ist denn Herr und wer Hund in diesem Haushalt? Lange mussten die Fans von Roy und Al auf eine Fortsetzung warten, aber pünktlich zu seinem 60. Geburtstag hat sich König eine Fortsetzung gegönnt. Endlich!
Eben, nun also 60. Geburtstag, Sonderausgabe des «Jungen Königs», »Roy & Al machen Männchen!», bei Ralf König ist so einiges los. Trotzdem war er sofort bereit, dem Cruiser in einem Interview Rede und Antwort zu stehen.
Cruiser: Da Du ein viel beschäftigter Mann bist, legen wir ohne grosse Vorrede los: Was hast Du zuerst im Kopf bzw. auf dem Papier: die Illustrationen oder den Text?
Ralf König: Zuerst kommt die Idee irgendwoher, das bleibt auch für mich rätselhaft, aber die kommen nun seit 40 Jahren, da mach ich mir keine Sorgen mehr. Dann tippe ich den Dialog grob in den Laptop. Beim Zeichnen wird meistens alles nochmal ganz anders, und so bleibt‘s auch für mich immer überraschend.
Cruiser: Gibt es Illustrationen, die dir vielleicht nicht gut gelingen und was machst du dann
damit – korrigieren oder vernichten?
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