Der dritte Teil der im Querverlag erschienenen München-Triologie um Andy, Robert und Nils ist auch zugleich deren Abschluss, Happy End inklusive?
Von Birgit Kawohl
In unserer Sommerausgabe widmen wir uns ja gerne der etwas leichteren Kost, die auch Outdoor-Aktivitäten und deren Ablenkungen mitmacht. Dieses Mal fiel die Wahl auf eine niveauvolle Schmonzette, obwohl dies natürlich ein Oxymoron, also ein Widerspruch in sich ist.
Obwohl es sich um den Abschluss einer Trilogie handelt, kann man als Leser auch ungestraft erst hier in das Leben der schwulen Freunde rund um Andy, dem Ich-Erzähler, Robert und Nils einsteigen. Auf frühere Lieben und Erlebnisse wird zwar immer mal wieder kurz Bezug genommen, dies ist aber so in den Handlungszusammenhang eingebaut, dass man nicht auf fundiertes Vorwissen zurückgreifen muss. Es geht einem wie im echten Leben: Menschen haben Vergangenheiten, von denen man Ausschnitte kennt und das ist dann auch gut so.
Andy und Robert, der eine mehr oder weniger Hausmann, der andere Ex-Polizist und nun Inhaber eines Security-Unternehmens, leben in München in einem Penthouse. Sehr privilegiert, denkt man sich, wenn man die für deutsche Verhältnisse exorbitanten Immobilienpreise der Bayernmetropole kennt. Da das Ganze aber durch ein Erbe finanziert wurde, macht es Sinn und man kann das Paar beruhigt auf seinen Wegen, die mit Andys 40. Geburtstag beginnen, begleiten. Diese müssen natürlich von der Klischee-Tunte namens Nils, der mehr an einer Karriere in der Soap-TV-Branche als an der wahren Liebe interessiert ist, begleitet werden. Dazu kommen ein junger Cousin, der eine amouröse Beziehung mit einem arabischen Scheichsohn pflegt, und ein Trip in die USA, um ein deutsches Schlagersternchen zu beschützen. So weit das Schmonzettengerüst. Dass der Roman aber nicht in völlige Belanglosigkeit abrutscht, liegt an den immer wieder aufgegriffenen Themen aus der politisch-gesellschaftlichen Realität.
So ist die Beziehung zum arabischen Prinzen eben nicht nur die Romanze aus 1001 Nacht, sondern vielmehr der verzweifelte Kampf eines Mitteleuropäers um seine grosse und leider dauerhaft nicht erreichbare Liebe. Hinzu kommen Schwierigkeiten, die sicherlich jedes Individuum der LGBT*-Community mehr als einmal persönlich erlebt hat: Das Lossagen von religiös-familiären Fesseln, wenn man in einer freikirchlichen Religionsgemeinschaft aufgewachsen ist; überhaupt das schwierige Outen und natürlich immer wieder die Frage, wie wichtig ist es zu heiraten? Ist dies eine grosse Errungenschaft, die in einigen Ländern seit Kurzem möglich ist, oder hoppelt man hier eigentlich einmal mehr den heteronormativen Werten hinterher?
Insgesamt gelingt es Bertram, eine durchaus realistische Szenerie zu schaffen, auch weil er immer wieder echte Begebenheiten aus der Boulevardpresse mit Fiktion verknüpft. Zudem betrachtet der Autor die Szene mit einer gehörigen Portion Selbstkritik und kritisiert so die Oberflächlichkeit vieler Schwuler, die häufig in Grausamkeit anderen gegenüber kippt, ohne dass man jedoch von dem ewig erhobenen Zeigefinger vergrault wird.
Insgesamt also ein Roman, der wie geschaffen ist für die Sommer-Sonne-Badi-Relax-Zeit, die uns allen hoffentlich bevorsteht.
Andreas Bertram: Fühlt sich an wie Liebe und ist echt kompliziert. ISBN: 978-3-89656-286-9. CHF 25.70. Beispielsweise hier
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