Kolumne: Ich will!
- Moel Maphy
- 19. März 2018
- 2 Min. Lesezeit
Andreas Lehner ärgert sich über den Umgang mit dem Schönsten der Welt. In Sprache und Gesellschaft.

Eigentlich ging es um eine ganz normale Frage bei Dr. Gay: «Was passiert, wenn ich zusammen mit meinem Freund abspritze?». Die Antwort auf den Publikationswunsch kam prompt von Haymo, dem Chefredaktor vom Cruiser: «Das Korrektorat hat mich auf euren Text hingewiesen. Wir haben ihn angepasst, damit der Provider uns nicht wieder blockiert. Es heisst jetzt: «Mein Freund und ich hatten Sex. Mit allem Drum und Dran.»
Wie bitte? Mit allem drum und dran? Da freue ich mich aufs Frühstück, das mit einbegriffen scheint. Oder mit Vorlesen von Gedichten nach dem Akt? Warum nennen wir das Kind nicht beim Namen?
Es gibt unterschiedliche Namen für unterschiedliche Dinge. Bundesämter, die modern sein wollen, sprechen beim Geschlechtsverkehr ja zum Beispiel gerne von «bumsen». Wer bitte bumst? Die Vorstellung, mit dem Gschpänli im Bett zu liegen und zu fragen: «Magst du bumsen?» scheint mir eher abtörnend denn erfreuend. Gut, das mag an meinem Alter liegen. Aber ich will Ficken. Weder Geschlechtsverkehr haben noch bumsen. Ich will auch nicht ejakulieren sondern abspritzen. Und wer mein Lieblingskörperteil als Glied bezeichnen möchte, hat eh verloren.
Zusammengesetzt würde das heissen: Mein Schwanz fickt dich bis du abspritzt. Oder so. Oder umgekehrt. Nichts gegen all die anderen Bezeichnungen. Aber wenn ich verschwitzt im Taumel der Leidenschaft auf, unter oder neben einem Mann liege, dann mag ichs derb. Oder bin ich der Einzige, der das so sieht?
Warum diese Diskussion wichtig ist? Eine gesellschaftspolitische Strömung, die mir gar nicht gefallen mag: Nach wie vor gibt es Homo- und Transphobie. Dazu kommt aber je länger je mehr die Rückkehr einer prüden Haltung allem Geschlechtlichen gegenüber. Und das gilt es zu bekämpfen.
Und dies fordere ich nicht nur innerhalb der Gesellschaft. Nein, auch innerhalb unserer Community: Es gibt keinen Platz für Sexismus, Rassismus und alle anderen doofen Anmachen wegen politischen Haltungen oder Religionszugehörigkeiten.
Fazit ist: Kämpfen wir für unsere Liebe, kämpfen wir für unsere Lust, kämpfen wir für unsere Berechtigung in der Gesellschaft. Geben wir uns nicht zufrieden mit halbherzigen Dingen wie «Eingetragener Partnerschaft», «Alles mit Allem» und «Bumsen». Leben wir doch den Traum, den wir mal hatten: Von einer neuen Gesellschaftsordnung, wo Liebe, Lust, Glück und Frühling in nächtelangem Geschmuse und sinnlich-explosiver Geschlechtlichkeit gipfelt. Wo Menschen akzeptierend miteinander sind. Auch untereinander.
Andreas Lehner ist stv. Geschäftsführer und Leiter des Programms MSM bei der Aids-Hilfe Schweiz. Als Privatmann ist Andreas seit 1996 als Fotograf, Zeichner und Texter erfolgreich tätig. Seine grösseren Reportagen – unter anderem über Osteuropa, Afrika und Russland - erscheinen im Jahresrhythmus beispielsweise in der WOZ. Andreas wohnt und arbeitet in Zürich.
Infos unter: www.andreaslehner.com
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