Terry O‘Neill war über Jahrzehnte Fotograf eines der berühmtesten Popstars der Welt – und nun können die Fans endlich daran teilhaben.
Von Birgit Kawohl
Vergangenes Jahr war so etwas wie ein Elton John-Jahr: Der Film «Rocketman» von Dexter Fletcher portraitierte den bunten Schwan im Popbusiness über zwei Stunden auf musikalische Weise. Und dann erschienen etwa zeitgleich zwei Bücher über den Sänger: Zum einen «Ich», die offizielle Autobiographie (auf Deutsch im Heyne Verlag), und dann noch ein umfangreicher Bildband des John’schen Hausfotografen Terry O’Neill.
Terry O’Neill (1938-2019) ist bekannt für sein umfangreiches Œuvre. Er fotografierte in seinem Leben eigentlich alles, was Rang und Namen hat(te), seien es Film- oder Musikstars, Politiker oder Models. Berühmt wurde er durch seine Portraits von Winston Churchill, den Beatles und Twiggy. Und wer kennt nicht die Fotos von Faye Dunaway, die sich lasziv in einem Liegestuhl räkelt? Aber das, was Terry O’Neill mit und aus Elton John machte, kann man mit Fug und Recht als etwas ganz Besonderes bezeichnen.
O’Neill, der auch die Einführung zu diesem, kurz vor seinem Tod erschienenen Bildband geschrieben hat, erzählt, wie er 1970, als die Popmusik quasi am Boden gelegen habe, den noch unbekannten John getroffen und sofort sein Potential erkannt habe. Trotzdem sei es vor allem am Anfang schwierig mit John gewesen, was an dessen Schüchternheit gelegen habe. Das mag man gar nicht glauben, wenn man den Typen in einzigartigen Outfits anschaut- zum Beispiel in einer hautengen Latzhose, offenbar ohne Unterwäsche, oder einem ganz aparten Häkelpullunder - der offenbar zu jedem Blödsinn bereit zu sein scheint.
Diese Diskrepanz mag an O’Neills Fähigkeit liegen, als Fotograf unsichtbar zu werden, dem Portraitierten das Gefühl zu geben, ganz alleine im Raum – und auf der Welt – zu sein. Und irgendwann kann sich dann das Verhältnis sogar bestenfalls so weit entwickeln, dass selbst ein scheuer Künstler wie John diese Shootings geniesst und alles aus sich herausholt und damit vieles von sich preisgibt.
O’Neill hat über die Jahre mehr als 5000 Fotos von John geschossen, womit deutlich wird, dass hier nur ein Bruchteil versammelt ist.
Trotzdem findet der Betrachter mehr als 250 Aufnahmen, grossteils in Schwarz-Weiss, was die Wirkung nochmals verstärkt. Manche Fotos kommen einem bekannt vor, weil sie John bei Fernsehauftritten oder Konzerten zeigen, andere hingegen wirken nahezu privat, wie die von O’Neill sehr geliebten Bett-Variationen. Fasziniert nimmt man an der Verwandlungsfähigkeit teil und bewundert den Mut Johns zu schrägen und schrillsten Kostümierungen. Da ist es gar nicht so einfach ein Lieblingsfoto oder -outfit zu bestimmen. Ich habe jedenfalls mindestens fünf.
Terry O’Neill: Elton John. Das Porträt. Fotos aus 40 Jahren. ISBN: 978-3-7913-8613-3. UVP: CHF 59.90.
Beispielsweise hier online
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