Der Hit «West End Girls» wurde vor 35 Jahren zum Superhit. Sänger Neil Tennant spricht im Cruiser Interview über (s)eine lange Pop-Karriere.
Moel Maphy / DPA
Das mit Spannung erwartete neue Studioalbum der Pet Shop Boys, "Hotspot", ist eben erschienen. Cruiser konnte sich mit Neil Tennant über das neue Album unterhalten.
Cruiser: Neil, warum diese Liebe zu Berlin?
Neil Tennant: Vor zehn Jahren haben wir ein Apartment in Berlin gekauft. Und wir haben da Songs geschrieben. Wir mögen Berlin also sehr, das ist ein sehr produktiver Ort für uns. Dann ging es darum, das dritte Album einer Trilogie mit rein elektronischen Platten zusammen mit unserem Produzenten Stuart Price zu machen. Und da dachten wir uns: Warum lassen wir Stuart diesmal nicht aus Los Angeles herkommen und nehmen das Album stärker mit analoger Technologie auf als die beiden davor? Es ist dann auch ganz anders geworden. Und die Platte ist wie ein Liebesbrief an die Stadt.
Cruiser: Die neuen Songs sind typisch für die Pet Shop Boys mit ihrer Mischung aus Melancholie und Euphorie. Vieles erinnert an Ihre besten Sachen aus den 80ern und 90ern. Ist «Hotspot» eine Art Retro-Album?
Neil Tennant: Nein, eigentlich nicht. Vielleicht nur insofern, als wir alte analoge Keyboards benutzt haben. Aber wir schreiben keine Retro-Songs. «Monkey Business» hat wohl etwas davon, mit seinem 70er-Jahre-Styling und Stuarts fantastischer Produktion. Es gibt auch 80er-Jahre-Einflüsse, etwa in «Only The Dark». Das Stück klingt vielleicht nach einem romantischen Film der späten 80er. Aber insgesamt versuchen wir nicht retro zu sein.
Cruiser: Die Gitarre in «Burning The Heather» von Bernard Butler - früher bei Suede - überrascht wirklich, sie klingt ungewöhnlich in diesem konsequenten Elektro-Sound. Wie kam es zu dieser Idee?
Neil Tennant: Heute kann man ja ganz einfach mit einem Apple-Programm eine akustische Gitarre generieren. Das fanden wir lächerlich, und wir nahmen die Gitarre von Bernard, die ein bisschen folky klingt. Das passte da einfach gut rein. Aber es ist dann auch der einzige nicht elektronische Moment auf den drei Alben.
Cruiser: Voriges Jahr haben Sie die überraschend politische EP «Agenda» herausgebracht. Haben Sie sich vom Thema Politik seitdem wieder abgewandt?
Neil Tennant: Nein. Wir haben die Stücke von «Agenda» ja praktisch zeitgleich mit den meisten von «Hotspot» geschrieben, uns dann aber entschlossen, zunächst eine eigenständige 4-Song-EP herauszubringen, als starkes politisches Statement mit satirischen Elementen. Es geht da um den Brexit, Trump und all diese Dinge, um Social Media und am Ende um die Flüchtlinge. Wir wollten «Hotspot» danach wirklich als unsere Berlin-Platte sehen - daher die klare Unterscheidung.
Cruiser: Die Pet Shop Boys sind eine der einflussreichsten Popbands der 80er und 90er. Wo stehen Sie heute, im Zeitalter von Spotify? Und welche jungen Künstler finden Sie selbst inspirierend?
Neil Tennant: Die Pet Shop Boys machen immer ihr eigenes Ding, sie erschaffen ihre eigene Welt. Das tun wir weiterhin. Wir sehen uns als Teil der elektronischen Musik und der europäischen Popszene. Über unseren Status machen wir uns aber nicht so viele Gedanken. Wir finden immer noch ein Publikum, wir machen einfach weiter. Was junge Künstler betrifft: Ich mag The Weeknd, der wohl von unserem melancholischen Elektropop beeinflusst ist. Auch bei Lana Del Rey oder Taylor Swift hört man das heraus.
Cruiser: Wie lange werden wir noch neue Musik der Pet Shop Boys hören können? Und welche Richtung wird sie nehmen?
Neil Tennant: Ach, wer weiss. Wir schauen nie allzu weit zurück oder allzu weit nach vorn, wir leben lieber in der Gegenwart oder der nahen Zukunft. Wenn man die neue Platte hört - ich denke, man merkt ihr nicht an, dass sie von zwei Männern in ihren Sechzigern gemacht wurde, oder? Das ist doch schon mal eine tolle Sache. Ich bin auch sehr glücklich, dass meine Stimme nicht gealtert ist. Jetzt sind wir erstmal auf Tournee, bald auch in der Schweiz
"Hotspot" ist ab sofort überall erhältlich
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